Atlastherapie

Geschichte und Verbreitung

Die Atlastherapie beruht auf dem Werk von Albert Arlen (1925-1992) und wurde von seinen direkten Schülern Lohse-Busch, Kraemer und Coenen auf medizinisch wissenschaftlichen Stand gebracht und weiterentwickelt (evidence-based).
Mittlerweile wird die Atlastherapie von ca. 700 Ärzten in Deutschland durchgeführt (bei ca. 10.000 manualmedizinisch Tätigen) und in Österreich haben 7 Ärzte die Ausbildung absolviert (Stand 12/2004). 

Methode

Bei der Atlastherapie wird ein manueller Impuls auf den Querfortsatz des ersten Halswirbels durchgeführt. Zuerst muss eine radiologische Stellungsdiagnostik erfolgen (Röntgenbild), um zu wissen ob von rechts, von links oder nach vorne oder nach hinten behandelt wird.
Es handelt sich um einen minimalen schmerzlosen Impuls mit dem Zeigefinger, wobei nicht irgendwelche Knochen verschoben werden, sondern Einfluss genommen wird auf ein Feld hoher Rezeptordichte (viele freie Nervenendigungen) auf das so genannte Nackenrezeptorenfeld.
Beim Nackenrezeptorenfeld handelt es sich um die kurzen tiefen Halsmuskeln, die durch eine besondere Funktion in der Kontrolle des Bewegungs- und Haltungsapparates imponieren. 

Die Effizienz der Behandlung wird durch den zusätzliche Einsatz der manuellen Kinderbehandlung erhöht. Die modifizierten Grifftechniken die aus der Erwachsenenbehandlung bekannt sind, sind auch schon zur Behandlung von Säuglingen geeignet.





Wie viele Behandlungen sind nötig?

Üblicherweise führt man einen Zyklus von drei bis fünf Behandlungen durch.
Ob die Intervalle zwischen den Behandlungen einen ein- bis zwei-wöchentlichen Abstand erlauben oder zwei- bis dreitägig durchgeführt werden sollten, muss im Einzelfall entschieden werden.
Manchmal reicht auch eine einmalige Behandlung aus. 

Was passiert im Körper?

In der Kinderbehandlung - insbesondere bei verschiedenen Formen von Entwicklungsstörungen -liegt immer eine Kombination von gestörten Bewegungsmustern und Körperwahrnehmungen vor. Die Atlastherapie führt zu einer vorübergehenden Änderung der Körperwahrnehmung (Propriozeption) und der Grundspannung des Haltungsapparates (muskulärer Grundtonus).
Somit entsteht ein variables Zeitfenster direkt nach der Behandlung. In diesem kann dann der Körper neue Bewegungsmuster erfahren oder erlernen.
Somit ist logisch, dass eine mehrfach sich wiederholende Therapie öfters diesen „Impuls“ gibt.  
Nach einem Therapiezyklus (3-5 Behandlungen) wartet man dann ab, bis die neuen Bewegungsmuster sich verfestigt haben.

Krankheitsbilder

Obwohl die Atlastherapie primär als Methode zur Behandlung von Bewegungsstörungen eingesetzt wurde hat sich rasch gezeigt, das durchaus in anderen Bereichen sehr gute Erfolge zu erzielen waren.
Die meisten Störungen haben als Gemeinsamkeit Defizite in der sensiblen oder sensorischen Wahrnehmung  (Tiefensensibilität, Berührungsempfindlichkeit, ...) oder in der Fein- und Grobmotorik.
Somit wird durch eine Einflussnahme auf die Propriozeption und Tonusregulation behandelt:
neuromotorische Entwicklungsstörung,
kindliche Cerebralparese,
ADS, ADHS,
Teilleistungsstörungen (LRS-Schwäche, „Legasthenie“)
Tonusassymetriesyndrom (wird in anderen Schulen als „KISS“-Syndrom – bezeichnet)
Allerdings erhebt die Atlastherapie keinesfalls den Anspruch die alleingültige Therapieform zu sein.
Vielmehr sollte sie in einem komplexen Therapiesetting integriert werden.





Kombinationen

Die Atlastherapie und die manuelle Kinderbehandlung wird gerne mit verschiedenen anderen Behandlungsmethoden wie etwa mit dem Myofascialen Lösen, der Akupressur oder der Akupunktur sinnvoll kombiniert. 
Als erweiterte ergänzende therapeutische Maßnahmen gibt es auch noch die ambulante Strombehandlung (TENS Therapie), physikotherapeutische Bewegungsbehandlung und Einlagenversorgung zu erwähnen. Insbesondere bei neuromotorischen Bewegungsstörungen gehören dazu auch propriozeptionsfördernde Spezialeinlagen („Pelites“) oder Orthesen (nach Nancy Hylton) um nur einige Beispiele zu erwähnen. Auch eine unterstützende medikamentöse Therapie wird in bestimmten Fällen sinnvoll sein.

Nachbetreuung

Es gibt keinen Grund aktuell laufende Therapiemaßnahmen (Ergo, Hippo, Bobath, Mototherapie, etc.) auszusetzen.
Auch sonst gibt es keine "Nebenwirkungen", die uns veranlassen könnten, die Kinder vorübergehend vom Turnunterricht zu befreien oder Ähnliches.

Nebenwirkungen

Die in Deutschland erhobenen Zahlen ergaben, dass von 14 Millionen klassischen manuellen Wirbelsäulenbehandlungen in ca. 100 Fällen  mittlere und schwerere Komplikationen auftraten (1:140.000).
Bei weiterer Überprüfung dieser Komplikationen zeigte sich, dass meist nicht erkennbare Vorschädigungen vorhanden waren, die auch ohne manualmedizinische Behandlung in absehbarer Zeit zu Komplikationen geführt hätten.

Im Speziellen wurde in der Kinderbehandlung (Zahlen aus Deutschland) bisher noch von keinem einzigen Zwischenfall berichtet.
Allerdings gibt es zwei Fälle aus Dänemark, wo es durch unsachgemäße Behandlungen eines Heilpraktikers zu Todesfällen kam.
Das lässt uns immer wieder darauf hinweisen, dass jedwede manuelle Behandlung unbedingt in die Hand eines erfahrenen und ausgebildeten Arztes gehört.

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